Andersrum! – nicht nur für Kinder
Nicht immer ist einem das Thema eines Stückes aus persönlichen Erfahrungen heraus so vertraut, wie das bei der Kinderoper Andersrum! der Fall ist. Dann alle im Team, von Sängerinnen über den Trompeter, die Regisseurin, der Bühnenbildner, alle waren wir mal Kinder, und haben erlebt, wie sehr es nerven kann, wenn Eltern zu wissen meinen, was für einen gut ist. Und dummerweise manchmal auch recht haben.
Sei es, dass man von zu viel Marshmallows Bauchweh bekommt oder die Prüfung versaut, wenn man nicht lernt. Unvergessen der Moment, als ich zufrieden aus einem Schullager zurückkam, in das ich zuerst am liebsten gar nicht gereist wäre, und die Eltern sagten: «Siehst du, haben wir es doch gleich gewusst!» Dann möchte man sie am liebsten zum Mond… Es war wie verhext: Langweilige Dinge musste man lange machen, spannende Dinge waren im Nu vorbei: Für die Eltern das normalste Timing der Welt, für Kinder ätzend und Zündstoff für die Beziehung. «Ich glaube, ich war der nervigste Teenager der Welt», lacht Mack Wolz (Kind). Christoph Luchsinger (Papa), selbst Vater eines zwölfjährigen Sohnes, fühlt sich auf der Bühne immer wieder mal an zu Hause erinnert: «Ich renne eigentlich dauernd hinter dem Kind her, räume auf, schaue zum Rechten. Und lasse mich anstecken von seiner Fantasie, immer mal wieder andersrum zu denken. Das komm mir irgendwie bekannt vor.»
In die Familienoper Andersrum!, die ich gemeinsam mit dem Komponisten Thierry Tidrow entwickelt habe, haben Kinder aus vier Schulklassen ihre Ideen mit hineingebracht. Sie haben uns erzählt, in welchen Situationen sie sich über die Eltern nerven. «Wenn ich zum Zmittag etwas nicht gerne habe, ein Gemüse, dann sagt meine Mami, ich muss es probieren, aber ich habe es schon tausendmal probiert.» Einfach unfair sei das.
In die Familienoper Andersrum!, die ich gemeinsam mit dem Komponisten Thierry Tidrow entwickelt habe, haben Kinder aus vier Schulklassen ihre Ideen mit hineingebracht. Sie haben uns erzählt, in welchen Situationen sie sich über die Eltern nerven. «Wenn ich zum Zmittag etwas nicht gerne habe, ein Gemüse, dann sagt meine Mami, ich muss es probieren, aber ich habe es schon tausendmal probiert.» Einfach unfair sei das.
Mack Wolz mit Christoph Luchsinger
Auch wenn sie unter der Woche einen tollen Film nicht schauen dürfen. Wenn sie nach den Ufzgi noch spielen möchten, aber gleich essen müssen, und dann schon Schlafenszeit sei. Überhaupt sollte es keine Nacht geben: «Schlafen ist dumm. Während man schläft, machen die Eltern megacoole Sachen am Ipad». Ganz nervig scheinen Eltern zu sein, die am Telefon sind. «Dann habe ich eine mega wichtige Frage, aber Mama hört einfach nicht zu. Sie sagt sie muss noch kurz eine Minute telefonieren, aber dann dauert das zwei Minuten. Wenn sie fertig ist, habe ich meine Frage vergessen.»
Während unsere Ideensammlung wächst, spüren wir, wie nahe das Thema von Andersrum! an der Kinderwelt ist, wie stark die Kinder in ihrem Alltag Machtlosigkeit empfinden, auch wenn sie ein bisschen traurig einsehen, dass es eben so sei und wohl auch sein müsse. «Wenn ich keinen Film mehr schauen kann, dann kucke ich ihn einfach in meinem Kopf», sagt ein Mädchen. Das Kind in Andersrum! beschliesst mitten in einer glitzernden Sternennacht: «Ab jetzt bestimme ich, ich ganz alleine», und macht den verdutzten Papa zum Diener. Ist alles nur ein Kopfkino? Ein Traum, der irgendwann von lustig in unheimlich umschlägt? Bald fasziniert und bald beunruhigt spielt der Papa seine neue Rolle. Seine «Wenn und Abers» kann er sich an den Hut stecken. Doch das hat auch sein Gutes: Inmitten der fantastischen Abenteuer verlieren sich Papa und Kind und finden sich wieder: im Spiel und im Ernst.
von Barbara Tacchini
von Barbara Tacchini