Ist Claire Zachanassian ein Racheengel oder eine Göttin der Gerechtigkeit? Als die alte Dame nach einem abenteuerlichen Leben an den Ort ihrer Kindheit zurückkehrt, glaubt die Bevölkerung von Güllen jedenfalls zuerst an den Sechser im Lotto. Claire Zachanassian ist so reich, dass sie das heruntergekommene Städtchen ohne Weiteres vor dem Ruin bewahren könnte. Ein bisschen wundern sich die Güllener:innen zwar über die seltsamen Gestalten im Gefolge Zachanassians, die sogar einen Panther mit im Gepäck hat. Doch die Toleranz der Leute ist grenzenlos, solange sie auf einen Gewinn hoffen dürfen. Tatsächlich stellt Zachanassian ihnen Unsummen in Aussicht. Aber ihr Angebot hat einen Preis, denn die alte Dame bringt ein dunkles Geheimnis mit. Die Vergangenheit holt Güllen ein und stellt die Gesinnung seiner Be­völkerung auf eine unbarm­herzige Probe.
Friedrich Dürrenmatts packende Tra­gikomödie Der Besuch der alten Dame stellt unbequeme Fragen nach Moral, Gerechtigkeit und Käuflichkeit des Menschen, die nichts von ihrer Dring­lichkeit verloren haben. Er wolle mit seinem Theater nicht bessern, sagte Dürrenmatt, sondern enthüllen: «Die Menschen ändern sich nicht, aber ihre Preise.»
Genau siebzig Jahre nach der Uraufführung in Zürich kommt der Schweizer Theaterklassiker mit Heidi Maria Glössner inder Hauptrolle in St. Gallen in einer eigenen Mundartfassung erneut auf die Bühne.